Volles Haus für Schwobastroich

VON ANGELA HAMMER.

Weiße Orchideen für die Damen, „Kamillentee mit Prozenten“ (also Palmischbirnen-Brand) und Gomaringer Fruchtgummis für alle – das war neben herzlichem Schluss-Beifall und viel Szenenapplaus der Dank des Gomaringer Publikums für die Mössinger Theatergruppe „Schwobastroich“.

Ersteres spendierten nach der Aufführung am Samstagabend die beiden OGV-Vorstände Günter Letz und Willy Junger. Den Beifall gab es den ganzen Abend über. Mit 300 Tickets war die  Halle ausverkauft, wobei sich viele erst in den letzten Tagen spontan entschieden hatten. Den OGV als Veranstalter freute es sehr, „dass wir hinten wieder aufmachen mussten!“ Zu Gast waren auch die Theatergemeinschaft Hirrlingen und die Theatergruppe des TSV Genkingen. Und die Frage, die Günter Letz zum Abschied stellte, konnte eindeutiger kaum beantwortet werden – natürlich soll „Schwobastroich“ im nächsten Jahr wieder nach Gomaringen kommen.

Bewährter schwäbischer Humor

Schwobastroich ist in der Region bekannt für derben Humor, der stellenweise richtig wehtun kann. Gern mal unter der Gürtellinie, mal mit bekannten Schenkelklopfern, mal überraschend frisch, hauen sich die Geschlechter ihre Vorurteile um die Ohren – und finden halt am Schluss doch immer wieder zusammen. Meist ist ziemlich schnell klar, wer wen kriegt – aber bis es soweit ist…! Mit mal mehr, mal weniger Wirrungen, Missverständnissen und Verschaukeleien, aber letztlich immer zielführend.

Doch bevor sich der Vorhang für die elfköpfige Truppe hob, bekam das Publikum erst mal Stärkung serviert: Das Küchenteam des OGV hatte  seit dem Nachmittag rund 400 Weckte belegt und 100 Brezeln geschmiert. Mit Getränken wie Gomaringer Schorle und Steinlachtäler Most ließ sich der Abend durchhalten.

Dieses Mal hatten Schwobastroich das Stück „Ein ehrenwertes Haus – Liebeslust und Wasserschaden“, einen schwäbischen Dreiakter von Hans Schimmel mitgebracht. Wenn Regisseur Luis Dominguez je Spielsaison rund 70 Stücke durchgelesen und für seine Truppe die Charaktere für treffend befunden hat, sind die Lacher garantiert. Dabei klingt der kurze Überblick im Programm fast harmlos:

„Nichts als Ärger für Siegfried. In seiner Firma wurde er bei der Besetzung der Stelle als Chefbuchhalter wieder einmal übergangen, in seiner Wohnung sollen elektrische Leitungen und die sanitären Einrichtungen erneuert werden. Zu allem Übel quartiert seine Schwester ihre Freundin, die chaotische Katrin Niedlich, bei ihm ein, was dazu führt, dass es in seiner Wohnung, die normalerweise penibel aufgeräumt ist, aussieht, als wenn eine Bombe eingeschlagen hat. Dass alle Beteiligten sehr seltsame Macken haben, macht das Ganze auch nicht leichter. Auch sein Freund Kalle ist im Moment nicht wirklich eine Hilfe. Er ist auf einer Art Selbstfindungstrip, was sich wiederum nicht ganz mit seinem wahren Naturell vereinbaren lässt.“

 

 

Jeder Charakter sitzt

Luis Dominguez: gibt den Lohnbuchhalter Siegfried Klein. Pingelig und ordnungsliebend veranstaltet er zweimal die Woche Großputz in seiner Single-Wohnung. Er bügelt seine Rechnungen und erlegt als Jäger des Schmutzes sogar seine WC-Ente. Gegen seine Staubsammlung ist die der Nachbarin ein Dreck. Die Kiste mit den Filzpantoffeln im Mehrfamilienhaus stammt von ihm, genauso wie das Desinfektionsspray. Sein  bester Freund

Kalle Kurz alias Erwin Maier (einziger Gomaringer!) ist von der gleichen Frauenphobie besessen wie er selbst. Beide frönen dem Kamillentee, ein Früchtetee würde sie glatt umhauen. Umso verheerender – aber auch befreiender – wirkt für Siegfried später dann der unvermeidliche Schnaps. Kalle tritt neuerdings „alternativ verwegen“ auf, fühlt er sich doch fast nackt – ohne seine Fliege.

Emilie Kiekenbusch erscheint als Siegfrieds Seelenschwester. Die Nachbarin, gespielt von Friedel Klett, liegt mit ihm im Wettstreit, wer das Haus am saubersten hält und vor allem: halten darf. Am Gummibaum im Treppenhaus entzündet sich eine Grundsatzdiskussion und später fast ein Nervenzusammenbruch. Ihr höchstes Ziel: „Emilie, die Allerpenibelste“ im Haus. Ganz süß allerdings wird der Putzteufel in der Kittelschürze, wenn sie sich Kalle Kurz anbietet.

Noch so ein süßes Männerfangmonster: Susi Schraube vom Installationsteam „Schreck & Schraube“ (an diesem Abend Vanessa Kemmler). Sie schmeißt sich allem, was Hosen trägt, an den Hals, flirtet auf Teufel kommt aus und lässt sich auch nicht von ihrer Handwerkerkollegin Mechthild Schreck (Julia Edel) bändigen.

Aber „Weiber als Handwerker – des goht gar ed“, finden jedenfalls die beiden anderen, männlichen, Handwerker. Jedenfalls halten sie sich für solche, auch wenn Peter Krumm und Winfried Schief  von der Firma „Schief & Krumm“ Siegfrieds Wohnung systematisch verwüsten und ihn um den letzten Nerv bringen. Krumm’s Arbeitstempo ist atemberaubend – er wird von Schnecken verfolgt, die seine Schuhbändel beim Laufen anfressen (Michael Kohlstetter und Andreas Tellini).

Zur Familie gehört auch Siegfrieds leibliche Schwester Rita Klein. Sie alias Petra Failenschmid macht den normalsten Eindruck und versucht immer wieder auszugleichen. Doch, fataler Fehler: sie bringt, ohne den Bruder vorher zu fragen, ihre Freundin

Katrin Niedlich (Astrid Basler) in Siegfrieds Wohnung. Deren „Flippigkeit“ äußert sich zumindest in den Orten, wo sie ihre Unterwäsche in der Wohnung drapiert. Von Anfang an hat die Niedlich ein Auge auf Siegfried geworfen.

Herr oder besser Frau des Hauses ist die füllige Vermieterin Maria Schmitzke – dem Namen nach eher rheinischer Herkunft, doch astrein schwäbisch schwätzend (Birgit Single kann auch wunderbar sächsisch). Sie schaut zu, dass jeder Cent in ihrer Tasche landet – gibt sich bei Bedarf aber sehr fürsorglich und großzügig und stellt auch schon mal lautstark und bestimmt die schludrigen Handwerker in den Senkel. Immerhin hat sie die Sanierung (allerdings ebenfalls an Siegfried vorbei) beauftragt.

Nicht zu vergessen: Postbotin Vicky, die alle Naslang hereinschneit. Jede Botschaft zu einem Brief gerät zum Gedicht – schließlich übt das nette Mädel (an diesem Abend: Michela Barbaro) für die Schauspielschule. Und hinterlässt jedesmal staunend offene Münder…

Naja, wie erwartet kriegen sich am Schluss die Richtigen, nämlich Siegfried und Katrin, aber auch Kalle und Rita. So können Freund/innen und Familie fast unter sich bleiben. Ach ja – und Kalles Rubbel-Los-Gewinn, natürlich.

 

 


Alle Bilder: Angela Hammer